BIOFEEDBACK -
WAS GENAU WIRD GEMESSEN?
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• Muskelanspannung
(EMG = Elektromyogramm)
•
Hautleitfähigkeit (EDA =
elektrodermale Aktivität)
•
Atemtiefe und Atemfrequenz
•
Herzratenvariabilität (HRV)
•
Hauttemperatur
•
Weite der Schläfenarterie
Muskelanspannung (EMG = Elektromyogramm):
Mithilfe einfacher Klebeelektroden auf der Hautoberfläche werden die sich
durch das Gewebe ausbreitenden Summenpotentiale elektrisch aktivierter
Muskelfasern abgeleitet. Dieses Verfahren wird Oberflächen-EMG genannt.
Hierdurch kann jede willentliche Betätigung eines Muskels, aber auch jede
unwillkürliche Reaktionen (wie z.B. das unbewusste Verspannen der
Schultermuskulatur in Stresssituationen), in einem EMG sichtbar gemacht
werden (siehe Abbildung).
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EMG-Aufzeichnung (Schulter-Nacken-Muskel)
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Bei lang anhaltender
(körperlicher oder psychischer) Belastung kommt es oft zu
Muskelverspannungen. Häufig werden daher EMG-Ableitungen an der
Schulter-Nacken-Muskulatur (Kopf- und Rückenschmerzen), aber auch an der
Stirn- und Kiefermuskulatur (Gesichtsschmerzen) vorgenommen.
Folgende Angaben dienen als Vergleichswerte für entspannte Muskulatur (in
die Interpretation fließen jedoch immer weitere Einflussfaktoren mit
ein!):
• Schulter-Nacken-Muskulatur (Trapezius): < 2-4 µV
• Stirn (Frontalis): < 2 µV
• Kiefermuskulatur (Masseter): < 2 µV
Hautleitfähigkeit (EDA = elektrodermale
Aktivität)
Elektrodermale Aktivität (EDA) ist der Oberbegriff für Leitfähigkeits- und
Potentialänderungen der Haut. Die EDA ist in erster Linie abhängig von der
Schweißdrüsenaktivität. Sie reagiert sehr sensibel auf psychische und/oder
körperliche Aktivierung. So schwitzen wir zum Beispiel vermehrt beim
Sport, aber auch, wenn wir große Angst haben. Das Biofeedbackgerät misst
aber bereits sehr kleine – für uns nicht wahrnehmbare – Veränderungen der
Hautleitfähigkeit. Mit einer Verzögerung von ca. 1-2 Sekunden nach einer
(körperlichen und/oder psychischen) Aktivierung ist bereits ein Anstieg
der EDA zu sehen. Schließt man körperliche Aktivierung aus (indem man sich
ruhig hinsetzt oder hinlegt), können Veränderungen in der EDA direkt auf
Gedanken und Gefühle – also psychische Aktivierung – zurückgeführt werden.
Häufig wird die EDA daher als Maß für die „innere Anspannung“ verwendet.
In der Regel wird die EDA in Mikrosiemens (µS) gemessen. Dazu werden zwei
Messfühler entweder an der Handfläche oder an den Fingern befestigt.
Die Zahlenwerte für das Hautleitniveau können von Mensch zu Mensch
beträchtlich schwanken, wobei Werte zwischen 1 und 15 µS am häufigsten
sind. Diese hohe Schwankungsbreite der absoluten Niveauwerte zwischen
Personen unter gleichen Bedingungen erschwert die Angabe von Normwerten
als Maß für innere Anspannung.
Daher wird vorrangig die Erholungszeit nach einer Aktivierung als Hinweis
darauf beurteilt, wie schnell bzw. ob sich eine Person überhaupt von
Stress erholen kann. Eine länger andauernde Erholungszeit kann einen
Hinweis auf eine schlechte Stressregulation darstellen.
EDA-Stressprofil
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Die EDA spielt eine wesentliche Rolle in der Emotions- und
Stressforschung.
Atemtiefe und Atemfrequenz
Je nach körperlicher, aber auch psychischer Anstrengung atmen wir
unterschiedlich schnell, regelmäßig bzw. unregelmäßig oder flach bzw.
tief. Der Atemsensor (z.B. ein dehnbarer Gurt, der im Brust- oder
Bauchbereich angebracht wird) bildet die Ein- und Ausatmung in Form einer
Atemkurve ab. Hieraus ist zu erkennen, ob bei einer Person gerade Brust-
oder Zwerchfellatmung vorherrschen bzw. wie schnell (Anzahl der Atemzüge
pro Minute) oder regelmäßig die Atmung verläuft.
oben: Atemkurve, unten: Atemfrequenz (Atemzüge /
Minute)
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Die Rückmeldung der Atemaktivität wird v.a. für das gezielte Training der
Zwerchfellatmung zur Entspannungsinduktion eingesetzt und spielt eine
zentrale Rolle beim Training der Herzratenvariabilität.
Herzratenvariabilität (HRV)
Die Herzratenvariabilität ist das zentrale Maß für die allgemeine
Fitness, Belastbarkeit und seelisch-körperliche Gesundheit. Durch eine
spezielle Analyse der Herzrate können Sie am PC die Frequenzanteile Ihres
sympathischen und parasympathischen Nervensystems sehen und somit gibt es
ein objektives Maß dafür, ob Ihr
vegetatives Nervensystem im
Gleichgewicht ist oder nicht.
Herzratenvaribilität (abgekürzt HRV) meint die spontane Veränderung der
Herzfrequenz in Ruhe. Denn schon lange ist bekannt:
"Wenn der Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen des Spechts oder das
Tröpfeln des Regens auf dem Dach wird, wird der Patient innerhalb von vier
Tagen sterben." (Wang Shuhe, chinesischer Arzt,
3. Jahrhundert n. Christus)
Dank der modernen Technik ist die Herzrate inzwischen sehr gut erforscht
und tatsächlich ist der Rhythmus unserer Herzfrequenz (auch
Herzratenvariabilität genannt) ein Spiegel unserer Gesundheit:
• Wenn wir gesund sind und
uns ausgeglichen fühlen, zeigt sich eine regelmäßige und hohe
Variabilität in der Herzfrequenz:
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• Wenn wir
unter Stress stehen, verringert sich die Herzratenvariabilität
unmittelbar und der Rhythmus wird chaotisch:
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Die Herzfrequenz ist für
uns nicht direkt wahrnehmbar. Mit Biofeedback kann die
Herzratenvariabilität gemessen, gezielt trainiert und verbessert werden.
Ein Fingersensor misst die relative Menge Blut, die aktuell durch das
Gefäß fließt (sogenannter Blutvolumenpuls / BVP). Gesteuert wird
dies von der pro Herzschlag ausgeworfenen Blutmenge und dem peripheren
Widerstand der Blutgefäße.
Pulskurve
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Anhand der Pulskurve können weitere wichtige Maße wie die „Herzkohärenz“
und die „Herzratenvariabilität“ erfasst werden:
Unter Herzkohärenz versteht man die perfekte Synchronisation von
Atmung, Herzschlag und Blutdruck. Dies wird im Zustand der Entspannung
erreicht.
Die Kohärenz (Übereinstimmung) von Atmung u.
Herzrate ist ein Maß für eine gute „globale Fitness“.
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oben: Das Frequenzspektrum zeigt an, ob das
vegetative Nervensystem im Gleichgewicht ist
unten: Herzrate
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Expertenmeinungen zur
Herzratenvariabilität
"Was Menschen erreichen, die diese Kohärenz entdeckt haben und
regelmäßig praktizieren, ist fast zu schön, um wahr zu sein: Kontrolle von
Angst und Depression, Senkung des Blutdrucks, Steigerung des DHEA,
Stimulation des Immunsystems".
(D. Servan-Schreiber: „Die neue Medizin der
Emotionen“. Kunstmann Verlag 2004)
„Mit speziellem Biofeedback-Training kann Patienten etwa der Einfluss
von Stress und Entspannung auf die Steuerung der Herzfrequenz verdeutlicht
werden. Zudem ist es möglich, das Herz durch dieses Training positiv zu
beeinflussen. In der Zukunft könnte sich die Messung und das Training der
Herzratenvariabilität (Herz-Kohärenz-Training) vielleicht noch mehr als
bisher als Screening-, Präventions- und Therapiemethode – auch in der
Hausarztpraxis – etablieren.“
(Prof. Dr. Dr. Mück-Weymann: „Der Hausarzt“ 3/05)
„…Diese Studien zeigen, dass die Ergebnisse von HRV-Biofeedback weit
über die Erhöhung des vagalen Tonus oder der parasympathischen Aktivität
hinausgehen. Diese Technik scheint einen der wichtigsten homöostatischen
Reflexe des Körpers zu trainieren und dadurch zu stärken...“
(P. Lehrer: “Beyond the Boundaries of Biofeedback”
Applied Psychophysiology and Biofeedback, Vol. 28, No.4, 12/2003)
Hauttemperatur
Die Hauttemperatur ist niedriger als die Körperkerntemperatur und bewegt
sich in der Regel zwischen 28 und 33C. Die Temperatur an der
Hautoberfläche ändert sich auch in Abhängigkeit davon, wie gut das Gewebe
durchblutet ist. Sind wir z.B. aufgeregt (Aktivierung des
sympathischen Nervensystems), kommt es zu
einer Verengung der peripheren Blutgefäße und wir bekommen kalte Hände
oder kalte Füße.
Anwendungsbereiche für Temperaturbiofeedback:
• Das Handerwärmungstraining
wird daher z.B. eingesetzt bei Morbus Raynaud, einer
Gefäßerkrankung, die sich aufgrund von
Mangeldurchblutung durch anfallsweises
Abblassen der Hände oder Füße äußert.
• Die Hauttemperatur gilt
weiterhin als äußerst verlässliches Feedback-Signal für die
allgemeine Entspannung.
• Außerdem erlernen
Migränepatient/innen das Handerwärmungstraining als
wirksame Prophylaxe gegen Migräneanfälle.
Weite der Schläfenarterie
Mit Hilfe eines speziellen Sensors (sog. Photoplethysmograph), der an der
Schläfe angelegt wird (siehe Bild), kann über die Pulsvolumenamplitude die
Weite der Schläfenarterie erfasst werden.
Diese wird für das Vasokonstriktionstraining (VKT) im Rahmen der
Migränebehandlung als Feedback-Signal eingesetzt. Ziel des Trainings ist
es, Kontrolle über die Regulation der Blutgefäße zu erlangen, da man
darüber erwiesenermaßen die Anfallshäufigkeit und –intensität deutlich
reduzieren kann – auch ohne Medikamente!
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