BIOFEEDBACK - WAS GENAU WIRD GEMESSEN?
__________________________________________________________________

Muskelanspannung (EMG = Elektromyogramm)

Hautleitfähigkeit (EDA = elektrodermale Aktivität)

Atemtiefe und Atemfrequenz

Herzratenvariabilität (HRV)

Hauttemperatur

Weite der Schläfenarterie




Muskelanspannung (EMG = Elektromyogramm):
Mithilfe einfacher Klebeelektroden auf der Hautoberfläche werden die sich durch das Gewebe ausbreitenden Summenpotentiale elektrisch aktivierter Muskelfasern abgeleitet. Dieses Verfahren wird Oberflächen-EMG genannt. Hierdurch kann jede willentliche Betätigung eines Muskels, aber auch jede unwillkürliche Reaktionen (wie z.B. das unbewusste Verspannen der Schultermuskulatur in Stresssituationen), in einem EMG sichtbar gemacht werden (siehe Abbildung).

 
EMG-Aufzeichnung (Schulter-Nacken-Muskel)
Copyright Mind Media BV

Bei lang anhaltender (körperlicher oder psychischer) Belastung kommt es oft zu Muskelverspannungen. Häufig werden daher EMG-Ableitungen an der Schulter-Nacken-Muskulatur (Kopf- und Rückenschmerzen), aber auch an der Stirn- und Kiefermuskulatur (Gesichtsschmerzen) vorgenommen.

Folgende Angaben dienen als Vergleichswerte für entspannte Muskulatur (in die Interpretation fließen jedoch immer weitere Einflussfaktoren mit ein!):

• Schulter-Nacken-Muskulatur (Trapezius): < 2-4 µV
• Stirn (Frontalis): < 2 µV
• Kiefermuskulatur (Masseter): < 2 µV

 

top

Hautleitfähigkeit (EDA = elektrodermale Aktivität)
Elektrodermale Aktivität (EDA) ist der Oberbegriff für Leitfähigkeits- und Potentialänderungen der Haut. Die EDA ist in erster Linie abhängig von der Schweißdrüsenaktivität. Sie reagiert sehr sensibel auf psychische und/oder körperliche Aktivierung. So schwitzen wir zum Beispiel vermehrt beim Sport, aber auch, wenn wir große Angst haben. Das Biofeedbackgerät misst aber bereits sehr kleine – für uns nicht wahrnehmbare – Veränderungen der Hautleitfähigkeit. Mit einer Verzögerung von ca. 1-2 Sekunden nach einer (körperlichen und/oder psychischen) Aktivierung ist bereits ein Anstieg der EDA zu sehen. Schließt man körperliche Aktivierung aus (indem man sich ruhig hinsetzt oder hinlegt), können Veränderungen in der EDA direkt auf Gedanken und Gefühle – also psychische Aktivierung – zurückgeführt werden. Häufig wird die EDA daher als Maß für die „innere Anspannung“ verwendet.
In der Regel wird die EDA in Mikrosiemens (µS) gemessen. Dazu werden zwei Messfühler entweder an der Handfläche oder an den Fingern befestigt.
Die Zahlenwerte für das Hautleitniveau können von Mensch zu Mensch beträchtlich schwanken, wobei Werte zwischen 1 und 15 µS am häufigsten sind. Diese hohe Schwankungsbreite der absoluten Niveauwerte zwischen Personen unter gleichen Bedingungen erschwert die Angabe von Normwerten als Maß für innere Anspannung.
Daher wird vorrangig die Erholungszeit nach einer Aktivierung als Hinweis darauf beurteilt, wie schnell bzw. ob sich eine Person überhaupt von Stress erholen kann. Eine länger andauernde Erholungszeit kann einen Hinweis auf eine schlechte Stressregulation darstellen.


EDA-Stressprofil                                       
Copyright Mind Media BV

Die EDA spielt eine wesentliche Rolle in der Emotions- und Stressforschung.

 

top

Atemtiefe und Atemfrequenz
Je nach körperlicher, aber auch psychischer Anstrengung atmen wir unterschiedlich schnell, regelmäßig bzw. unregelmäßig oder flach bzw. tief. Der Atemsensor (z.B. ein dehnbarer Gurt, der im Brust- oder Bauchbereich angebracht wird) bildet die Ein- und Ausatmung in Form einer Atemkurve ab. Hieraus ist zu erkennen, ob bei einer Person gerade Brust- oder Zwerchfellatmung vorherrschen bzw. wie schnell (Anzahl der Atemzüge pro Minute) oder regelmäßig die Atmung verläuft.


oben: Atemkurve, unten: Atemfrequenz (Atemzüge / Minute)
Copyright Mind Media BV

Die Rückmeldung der Atemaktivität wird v.a. für das gezielte Training der Zwerchfellatmung zur Entspannungsinduktion eingesetzt und spielt eine zentrale Rolle beim Training der Herzratenvariabilität.

 

top

Herzratenvariabilität (HRV)
Die Herzratenvariabilität ist das zentrale Maß für die allgemeine Fitness, Belastbarkeit und seelisch-körperliche Gesundheit. Durch eine spezielle Analyse der Herzrate können Sie am PC die Frequenzanteile Ihres sympathischen und parasympathischen Nervensystems sehen und somit gibt es ein objektives Maß dafür, ob Ihr vegetatives Nervensystem  im Gleichgewicht ist oder nicht.

Herzratenvaribilität (abgekürzt HRV) meint die spontane Veränderung der Herzfrequenz in Ruhe. Denn schon lange ist bekannt:
"Wenn der Herzschlag so regelmäßig wie das Klopfen des Spechts oder das Tröpfeln des Regens auf dem Dach wird, wird der Patient innerhalb von vier Tagen sterben." (Wang Shuhe, chinesischer Arzt, 3. Jahrhundert n. Christus)

Dank der modernen Technik ist die Herzrate inzwischen sehr gut erforscht und tatsächlich ist der Rhythmus unserer Herzfrequenz (auch Herzratenvariabilität genannt) ein Spiegel unserer Gesundheit:
 
• Wenn wir gesund sind und uns ausgeglichen fühlen, zeigt sich eine regelmäßige und hohe Variabilität in der Herzfrequenz:
• Wenn wir unter Stress stehen, verringert sich die Herzratenvariabilität unmittelbar und der Rhythmus wird chaotisch:


 

Die Herzfrequenz ist für uns nicht direkt wahrnehmbar. Mit Biofeedback kann die Herzratenvariabilität gemessen, gezielt trainiert und verbessert werden.

Ein Fingersensor misst die relative Menge Blut, die aktuell durch das Gefäß fließt (sogenannter Blutvolumenpuls / BVP). Gesteuert wird dies von der pro Herzschlag ausgeworfenen Blutmenge und dem peripheren Widerstand der Blutgefäße.


Pulskurve                                       
Copyright Mind Media BV

Anhand der Pulskurve können weitere wichtige Maße wie die „Herzkohärenz“ und die „Herzratenvariabilität“ erfasst werden:

Unter Herzkohärenz versteht man die perfekte Synchronisation von Atmung, Herzschlag und Blutdruck. Dies wird im Zustand der Entspannung erreicht.

 

Die Kohärenz (Übereinstimmung) von Atmung u. Herzrate ist ein Maß für eine gute „globale Fitness“.
Copyright Mind Media BV
 


oben: Das Frequenzspektrum zeigt an, ob das vegetative Nervensystem im Gleichgewicht ist
unten: Herzrate

Copyright Mind Media BV

Expertenmeinungen zur Herzratenvariabilität
"Was Menschen erreichen, die diese Kohärenz entdeckt haben und regelmäßig praktizieren, ist fast zu schön, um wahr zu sein: Kontrolle von Angst und Depression, Senkung des Blutdrucks, Steigerung des DHEA, Stimulation des Immunsystems".
(D. Servan-Schreiber: „Die neue Medizin der Emotionen“. Kunstmann Verlag 2004)

„Mit speziellem Biofeedback-Training kann Patienten etwa der Einfluss von Stress und Entspannung auf die Steuerung der Herzfrequenz verdeutlicht werden. Zudem ist es möglich, das Herz durch dieses Training positiv zu beeinflussen. In der Zukunft könnte sich die Messung und das Training der Herzratenvariabilität (Herz-Kohärenz-Training) vielleicht noch mehr als bisher als Screening-, Präventions- und Therapiemethode – auch in der Hausarztpraxis – etablieren.“
(Prof. Dr. Dr. Mück-Weymann: „Der Hausarzt“ 3/05)

„…Diese Studien zeigen, dass die Ergebnisse von HRV-Biofeedback weit über die Erhöhung des vagalen Tonus oder der parasympathischen Aktivität hinausgehen. Diese Technik scheint einen der wichtigsten homöostatischen Reflexe des Körpers zu trainieren und dadurch zu stärken...“
(P. Lehrer: “Beyond the Boundaries of Biofeedback” Applied Psychophysiology and Biofeedback, Vol. 28, No.4, 12/2003)

 

top

Hauttemperatur
Die Hauttemperatur ist niedriger als die Körperkerntemperatur und bewegt sich in der Regel zwischen 28 und 33C. Die Temperatur an der Hautoberfläche ändert sich auch in Abhängigkeit davon, wie gut das Gewebe durchblutet ist. Sind wir z.B. aufgeregt (Aktivierung des sympathischen Nervensystems), kommt es zu einer Verengung der peripheren Blutgefäße und wir bekommen kalte Hände oder kalte Füße.

Anwendungsbereiche für Temperaturbiofeedback:

  • Das Handerwärmungstraining wird daher z.B. eingesetzt bei Morbus Raynaud, einer
    Gefäßerkrankung, die sich aufgrund von Mangeldurchblutung durch anfallsweises
    Abblassen der Hände oder Füße äußert.

  • Die Hauttemperatur gilt weiterhin als äußerst verlässliches Feedback-Signal für die
    allgemeine Entspannung.
 

  
• Außerdem erlernen Migränepatient/innen das Handerwärmungstraining als
    wirksame Prophylaxe gegen Migräneanfälle.



 

top

Weite der Schläfenarterie
Mit Hilfe eines speziellen Sensors (sog. Photoplethysmograph), der an der Schläfe angelegt wird (siehe Bild), kann über die Pulsvolumenamplitude die Weite der Schläfenarterie erfasst werden.
Diese wird für das Vasokonstriktionstraining (VKT) im Rahmen der Migränebehandlung als Feedback-Signal eingesetzt. Ziel des Trainings ist es, Kontrolle über die Regulation der Blutgefäße zu erlangen, da man darüber erwiesenermaßen die Anfallshäufigkeit und –intensität deutlich reduzieren kann – auch ohne Medikamente!

 
Copyright Mind Media BV

top